Die Chronik der KG Stadtmitte
von 1936 bis 2002

Vorwort

Die Vereinsgeschichte der Karnevalsgesellschaft Stadtmitte beruht in den frühen Jahren auf Aufzeichnungen von Überlieferungen, da das Archivmaterial in den Kriegsjahren verloren gegangen war. Inzwischen liegen Originalunterlagen aus Privatbesitz vor, die ein fast lückenloses Bild vom Werden und Wachsen der Gesellschaft bieten

(Walter Heiligenberg)

Chronik

Im Jahre 1936 gründeten im damaligen Hotel Oberstadt auf dem Alten Markt die Mitglieder der Theaterabteilung des Kolpingsvereins (Gesellenverein) unter dem Vorsitzenden und späteren Präsidenten Jean Smets die Karnevalsgesellschaft Stadtmitte.

„Wer send wach“ hieß der Kampfruf als Antwort auf die Tatsache, dass im damaligen Bürgerausschuss „Wer dont all möt“, einem Ausschuss in dem die drei Brauchtums sparten „Karneval“ unter dem Vorsitz von Carl Metzer, „Schützenfest“ unter Obergildemeister Josef Herfs und „Vaterstädtische Festspiele“ unter Dr. Willi Kauertz zusammengefasst waren, vornehmlich Karnevalsgesellschaften der Stadtrandbezirke angehörten.

Jene Gründungsmitglieder waren aus ihrer Laientätigkeit in der Theaterabteilung mit dem Metier „Karneval“ voll vertraut. Noch vorhandene Festschriften aus den Jahren 1893 und folgenden weisen auf Liederabende und Karnevalsveranstaltungen dieser Gruppe hin. So fand z. B. Am 07.03.1905 im Saal des Gesellschaftshauses eine „Carnevalistische Abendunterhaltung“ statt. Zur Aufführung gelangte „Feldwebel Bärmann“, militärischer Schwank in einem Aufzug und „Bär und Pascha“, Gesangsposse in einem Akt. Die Pausen wurden ausgefüllt durch gemeinschaftliche Lieder und durch „humoristische Vorträge von Herrn Fritz Bernhardi“.

Weitere närrische Prunksitzungen fanden in den folgenden Jahren statt. Selbst der Schriftsteller Michael Werfers („Findelkind von Gladbach“ und „Jan van Wer“) soll nach Überlieferungen Sitzungen im Saal des Kolpinghauses präsidiert haben. Auch Wohltätigkeitsveranstaltungen wurden damals in der Karnevalszeit durchgeführt, wie das Liederheft zur „Großen Gala – Damensitzung zum Besten der St. Vitus – Krankenkasse“ am Fastnachtsdienstag, dem 03. März 1908, erkennen lässt.

Doch zurück zu unseren Gründern. Bis zu seinem Tod im Jahre 1937 übernahm Willi Lenzen, danach Jean Smets das Amt des Präsidenten. Nach dem totalen Zusammenbruch im Jahre 1945 wurde die „Gute Stube“ der Gesellschaft, unser Kolpinghaus, in eine Notkirche umgewandelt. Als Versammlungsraum stand der Gesellschaft lediglich der kleine Saal im Keller des Kolpinghauses zur Verfügung. Die Dekorationen und sonstigen Requisiten der Gesellschaft, aber auch alle schriftlichen Unterlagen und Aufzeichnungen waren dem Krieg zum Opfer gefallen. Und dennoch versammelte der damalige Präsident Jean Smets die noch verbliebenen Mitglieder um sich und veranstaltete bereits zu Karneval 1946 im internen Kreis eine reguläre Karnevalstische Sitzung. Ja, es gab sogar ein gedrucktes Liederheft – wenn auch nur aus vier Seiten bestehend, indem die alten Karnevalsschlager aus der Vorkriegszeit ins Gedächtnis zurückgerufen wurden. Dazu wurden selbst gefertigte Orden verliehen. Der Anfang war wieder gemacht, und mit dem Motto „Trotz allem … Halt Pohl“ ging es mit Schwung in die Session 1947/48. Nach und nach fanden sich die alten Mitglieder, die zum Teil durch Kriegs- und Nachkriegswirren versprengt waren, wieder zusammen. Auf städtischer Ebene bildete sich eine lose Arbeitsgemeinschaft aller Karnevalsgesellschaften unserer Stadt, die schließlich im Jahre 1952 zur Bildung des Festausschusses Mönchengladbacher Karneval e.V. führte und die in der Folge auch dem Bund Deutscher Karneval beitrat. Doch zurück zur Vereinsgeschichte. Bereits 1948/49 war die Gesellschaft in der Lage, ihre Veranstaltungen wie in den Vorkriegsjahren durchzuführen. Eigene Büttenredner, die zur damaligen Zeit zweifellos zu den karnevalistischen Spitzenkräften unserer Stadt zählten, garantierten ein einwandfreies Programm. Das Kolpinghaus war wieder zum Mittelpunkt des oberstädtischen Karnevals geworden.

Erstmalig in der Session 1949/50 trat die „Stadtmitte“ mit einer Funkengarde an die Öffentlichkeit. Sie sollte dazu beitragen, den beliebten Sitzungen in der Oberstadt den rechten Schwung zu geben, wie es aus einem Geleitwort des Liederheftes 1950 zu entnehmen ist. Darüber hinaus war mit der Gründung der Garde der Wunsch nach einem eigenen karnevalistischen Nachwuchs verbunden. Eine wohl gelungene Sache, wen man bedenkt, dass heute noch viele Mitglieder des Großen Rates der Garde entstammen. Es ging in der Gesellschaft bergauf.

Die Sitzungen und Veranstaltungen fanden beim Publikum großen Anklang, und mancher, der damals noch Zuschauer bzw. Zuhörer und Gast war, schloss sich als Mitglied der Gesellschaft an. Im Zuge einer Neugliederung der Gesellschaft übernahm Franz Hoffmann im Jahre 1954 den Vorsitz und machte das oberstädtische Narrenschiff auch für die stärksten Ströme seetüchtig. In der Prunksitzung am 22. Januar 1955 konnte sich dem Publikum das neugegründete Fanfarencorps der Gesellschaft vorstellen, das sich in den folgenden Jahren dank der Einsatzfreude seiner Mitglieder über die Grenzen unserer Stadt hinaus eines guten Anschluss erfreuen durfte. Leider löste sich dieses stolze Korps im Jahre 1968 auf. Ständiges Anwachsen der Mitgliederzahl und der sehr gute Besuch aller Veranstaltungen bestätigte dem Vorstand, dass er auf dem richtigen Weg war. Neben dieser internen Gesellschaftsarbeit schloss sich die KG Stadtmitte dem damaligen Festausschuss Mönchengladbacher Karneval e.V. an. Gemeinsam mit den anderen anerkannten Gesellschaften der Stadt arbeitete sie an der Gestaltung vaterstädtischer Karnevalsveranstaltungen mit. In der Session 1961 konnte die Gesellschaft in glanzvoller Form ihr 25. Jubiläumsjahr feiern. Das Jahr 1962 brachte die Umwandlung des Kolpinghauses, und die Gesellschaft wählte als neues Domizil die „Erholung“, die bis 1979 die neue Heimat der „Stadtmitte“ wurde.

In der Session 1969/70 stellte Franz Hoffmanns aus gesundheitlichen Gründen sein Amt zur Verfügung. Neuer Vorsitzender wurde Heinrich Noever. Die Sitzungen und Veranstaltungen verliefen zufriedenstellend.
Bedingt durch Umbauarbeiten am Gebäude de Gesellschaft Erholung veranstaltete die Gesellschaft ab 1979 ihre Prinzensitzungen in der Kaiser – Friedrich – Halle. Gemeinsam mit der GGK und der KG Schöpp op wurden an den Karnevalstagen Ballveranstaltungen in der Halle abgehalten. Leider zeichnete sich in der Session 1984/85 der allgemeine Besucherschwund auch bei den Veranstaltungen der KG Stadtmitte ab. Die Jugend bzw. die jüngere Generation war nur schwer für den Besuch von karnevalistischen Veranstaltungen zu gewinnen. Die Ballveranstaltungen mussten 1986 eingestellt werden, da trotz aller Bemühungen der beteiligten Gesellschaften eine Kostendeckung nicht mehr erreicht werden konnte. Ein herber Schlag für die Gesellschaft, die in dieser Session ihr
5 x 10 jähriges Jubiläum mit einer großartigen Prinzensitzung in der KFH und einem Empfang im Jugendhaus Westend feiern konnte. Personelle Veränderungen zeichneten sich im Spätsommer 1988 ab. Heinrich Noever erklärte seinen Rücktritt. Das Amt des 1. Vorsitzenden übernahm fortan das Ratsmitglied Gerd Kellers. Die Sitzungen in der KFH wurden in gleicher Qualität fortgeführt. Eine glanzvolle Karnevalsparty mit über 200 Gästen in den Geschäftsräumen des 1. Vorsitzenden und der Empfang anlässlich des 40-jährigen Bestehens der Funkengarde am Karnevalssonntag waren zweifellos Höhepunkte dieser Session 1989/90.

Erstmalig in ihrer 55-jährigen Geschichte stellte die Karnevalsgesellschaft Stadtmitte im Jahre 1991 mit Wolfgang Oertel und seiner Gattin Helga das Prinzenpaar der Stadt Mönchengladbach. Leider wurde diese Session von politischen Ereignissen am Golf überschattet. Auf Empfehlung des MKV wurde dem Prinzenpaar in der Session 1991/92 nochmals die närrische Herrschaft übertragen. Herrliche Veranstaltungen und eine wohl gelungene Prinzensitzung in der Halle waren Höhepunkte dieser Session. In den folgenden Jahren herrschte allgemeine Zufriedenheit in der Gesellschaft. Die Sitzungen in der KFH unter Mitwirkung erstklassiger Kräfte fanden beim Publikum großen Anklang. Leider musste auf der anderen Seite festgestellt werden, dass die steigenden Kosten einer solchen Veranstaltung in Verbindung mit der erreichbaren Zahl der Besucher für die Gesellschaft nicht mehr tragbar waren. Eine großartige Sitzung im Jahre 1998 sollte vorerst die letzte sein.

Die KG Stadtmitte zog sich aus der Halle zurück, um neue Wege zu gehen. In der Session 1998/99 und 1999/2000 wurden im Kaisersaal des Hauses „Erholung“ Kostümbälle durchgeführt. Daneben sorgten die reichhaltigen Besuchsprogramme der Funkengarde, in dem auch etliche Mitglieder des Großen Rates einbezogen wurden, die Kappenabende und auch die Mariechenempfänge für ausreichende karnevalistische Bestätigung. In der Jahreshauptversammlung 2000 stellte Gerd Kellers nach elfjähriger Tätigkeit als 1. Vorsitzender der Gesellschaft sein Amt zur Verfügung. In Anerkennung seiner Verdienste und als Dank für die vielen Jahre geleistete Arbeit, ernannte ihn die Gesellschaft zum Ehrenvorsitzenden.

Neuer 1. Vorsitzender der Gesellschaft wurde der seit Jahren amtierende Tanzoffizier der Funkengarde Jürgen Ponto. Mit seinen neuen Vorstandsmitgliedern, die bis auf einige Ausnahmen ebenfalls aus der Garde stammten, hat eine jüngere Generation die Führung übernommen. Die Mitglieder stehen zu einer vertrauensvollen Mitarbeit und zur Bewältigung der vielfachen Aufgaben bereit. Im Hinblick auf die vielen Freunde und Gönner der Gesellschaft schauen sie hoffnungsvoll und zuversichtlich in die Zukunft.

Schlusswort

Dies, liebe Karnevalsfrunde, ist nur ein kleiner Auszug aus dem bewegten Vereinsleben der KG Stadtmitte, und wir hoffen, dass wir noch viele schöne Jahre dieser Chronik hinzufügen können.

Ihre KG – Stadtmitte

Mönchengladbach, im Jahre 2002